Erwartete Resonanz kultureller Aktivität in den kommunistischen Staaten / undatiert, vermutlich 1972-1973

Wolfgang Kraus folgte als Journalist, Verleger, Lektor, ORF(Österreichischer Rundfunk)-Moderator und Leiter der Österreichischen Gesellschaft für Literatur dem übergeordneten Ziel, österreichische Literatur im Ausland sowie internationale Literatur in Wien bekannt zu machen. Von Beginn an war eine der wichtigsten Aufgaben der ÖGfL der Kontakt mit Intellektuellen jenseits des Eisernen Vorhangs, besonders mit jenen aus Ländern der ehemaligen Donaumonarchie. Die Einrichtung setzte Initiativen auf nationaler und auf internationaler Ebene, um österreichische Literatur zu stärken und um Wien zu einer lebendigen Drehscheibe für Intellektuelle aus beiden Machtblöcken zu machen. Auf dem Gebiet der Außenkulturpolitik war die durch den Staatsvertrag festgelegte Neutralität Österreichs eine wichtige Komponente.

Wolfgang Kraus war nicht nur im Rahmen der ÖGfL außenkulturpolitisch tätig, sondern entwarf Konzepte für diverse Bundesministerien, hielt Vorträge und Einführungen für künftige Diplomat*innen und gründete 1975 im Außenministerium die Kulturkontaktstelle, deren Leiter er bis 1982 war. Aus dem Konzeptpapier für diese geht die erwartete Wirksamkeit der Aktivitäten aus der Sicht von Wolfgang Kraus hervor, denn „[g|rundsätzlich ist zu sagen, (…), dass kulturelle Ereignisse weitgehend die Rolle der Information übernommen haben.“ (Kraus vermutlich 1972-1973, 1). Deshalb sei die erwartbare Resonanz außergewöhnlich hoch.

Deutlich wird die Relevanz von Polen hinsichtlich der außenkulturpolitischen Möglichkeiten, schließlich befindet sich dieses Land an der ersten von sieben nach Relevanz gereihten Positionen. Darauf folgen Ungarn, Rumänien, Bulgarien, UdSSR, ČSSR und die DDR. Jugoslawien wird als Sonderfall geführt. Neben der „weiterhin bestehenden großen Liberalität im kulturellen Leben“ betonte Kraus im Konzeptpapier die Größe des Landes, die große Zahl der im Exil lebenden Polen, die „zum Teil in wichtigen Positionen in den USA“ tätig sind, „die starke historische Differenz mit Russland“ und „das hohe Niveau und de[n] Mut der Intellektuellen“ (Ebd., 4). Die Chancen für die Außenkulturpolitik in Ungarn schätzte Kraus wesentlich düsterer ein: „Eine direkte Kontaktaufnahme mit den kulturellen Institutionen ist zwar möglich, doch kann keine Einigung ohne die Genehmigung von oben erzielt werden.“ (Ebd., 8)

Hinsichtlich Rumänien bemerkte Kraus, dass auf inoffiziellem Wege überraschend viel erreicht werden könne und in Bezug auf Bulgarien verwies er auf die Notwendigkeit der Kulturarbeit durch die Österreichische Botschaft.

 

Literaturangaben

Kraus, Wolfgang: Konzept für kulturelle Initiativen in den Beziehungen zu den kommunistischen Staaten Europas, undatiert, vermutlich 1972-1973, ÖGfL-Archiv, 23 Seiten.

Zitierhinweis

Ebel, Ursula: Erwartete Resonanz kultureller Aktivität in den kommunistischen Staaten / undatiert, vermutlich 1972-1973. Abrufbar unter: https://ogl.univie.ac.at/aus-dem-archiv/erwartete-resonanz-kultureller-aktivitaet-in-den-kommunistischen-staaten-undatiert-vermutlich-1972-1973/.

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